Tja. Da war ich doch baff, als der Richter mich anrief. Ein sehr angenehmer Mensch, das sei vorweg genommen. Er bestätigte mir, dass er nach erneuter Sichtung der Akten er zu dem Schluss kommt, dass in meinem Fall kein Vorsatz vorlag.

Die Quintessenz, die ich aus dem Verfahren nebst aller Informationen, die ich mir besorgt hatte, ziehe, ist erschreckend. Die Blitzanlage zwischen Burscheid und Leverkusen ist ein Paradefall ungenierter und hemmungsloser Geldschneiderei. Die Zeitungsartikel, die darüber berichten, dass von der Bußgeldstelle extra 30 Vollzeitkräfte eingestellt werden mussten, um eine viertel Million Geschenke, sorry, "Bußgelder" zusätzlich pro Jahr verarbeiten zu können, verweist auf einen geradezu industriellen Maßstab. Die publizierten Behauptungen, dass die Unfallstatistik zeige, dass diese Anlage Unfälle und den Verlust von Menschenleben auf dem Abschnitt reduziert hätte, ist schlichtweg falsch. Sämtliche jährliche Zahlen sind, von den statistischen Abweichungen abgesehen, vergleichbar. Wollte man tatsächlich mit einer Geschwindigkeitsreduzierung zum Schutz von Leib und Leben beitragen, würde man vor der Radarfalle warnen. Aus welcher Motivation heraus ein Fahrer dann langsamer fährt, spielt ja wohl kaum eine Rolle bei einem so hehren Ziel. Nur ist das eben unter Berücksichtigung der starken Nutzung der A1 keine besonders gefährliche und unfallträchtige Stelle. Jetzt nicht und früher nicht.

Wenn mir die Bußgeldstelle dann trotz meines Hinweises, keine Kenntnis von der Geschwindigkeitsbegrenzung gehabt zu haben, Vorsatz unterstellt und mir dann noch meinen Einspruch verwirft, weil mein Schreiben einen Tag zu spät eintraf, obwohl ich es drei Werktage zuvor eingeworfen hatte, was auf corona-bedingte Probleme bei der Post zurückzuführen war, dann mag das eine kleinkarrierte Sachbearbeiterin sein, aber ich denke eher, dass das Vorgabe und System ist. Dass ich im weiteren Verlauf dann sowohl bei meinem Antrag zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Amtsgericht Leverkusen als auch später im Hauptverfahren mit unpassenden Rechtsprechungen konfrontiert wurde, hat mich schon geärgert. Ich schließe zumindest beim letzten Richter aus, dass ihm das so wirklich klar war und natürlich hatte er Recht damit, dass kein Fall exakt wie der andere ist und Rechsprechungen nur eine Richtung vorgeben können. Nur gaben die mir vorgelegten Rechtsprechungen unnötigerweise eine falsche Richtung vor. Für mich stellt sich alles so dar, dass auf einer Meta-Ebene eine gut funktionierende Gelddruckmaschinerie eingefahren wurde und betrieben wird, ohne dass den meisten Beteiligten das klar ist. Die Bußgeldstelle scheint mir angehalten zu sein in dubio contra reum zu verfahren und wer doch vor Gericht zieht, bekommt Rechtsprechungen vorgelegt, die, so meine Vermutung, irgendwann mal durch die Rechtsabteilung der Bußgeldstelle bzw. des Rheinisch-Bergischen Kreises bei Gericht eingebracht wurden und seitdem dort eine ungerechtfertige Daseinsberechtigung haben und immer wieder ganz im Sinne der finanziell profitierenden Kreisverwaltung herangezogen werden.

Solange die Kreise von Radaranlagen auf den Autobahnen profitieren, solange wird sich das auch nicht ändern. Zu einfach ist der Griff in die Taschen Vorbeifahrender.